Herzlichen Glückwunsch: Die Maus wird 40!
Mrz 12th, 2011 | By admin | Category: Flimmern und RauschenWie kommen die Löcher in den Käse? Wer malt die Streifen in die Zahnpasta? Können Schweine schwimmen? Der Armin, der Christoph und der Ralph wissen so was. Und sie können es zum Glück nicht für sich behalten, sondern posaunen es jeden Sonntag fröhlich heraus: in der „Sendung mit der Maus“. Am 7. März 1971 gingen die „Lach- und Sachgeschichten“ im Ersten erstmals auf Sendung.
„Das war Schwedisch!“, ruft es aus dem Wohnzimmer. „Nee, das war … was anderes“, ruft es aus der Küche zurück. „So reden die in Holland“, behauptet die Sofa-Fraktion. „Das war Dänisch“, klärt die Stimme im Fernseher auf. Aha. Wieder was gelernt, so ganz nebenbei, sonntags um halb zwölf in Deutschland.
Wenn die Maus mit den Wimpern klimpert und der kleine Elefant den Rüssel schwingt, schauen jede Woche rund 1,6 Millionen Menschen zu – vom Opa bis zum Krabbelkind. Mit der Vorspannsprache-Rate-Rallye beginnt das sonntägliche Mausritual. Seit 1973 wird der Vorspann zuerst auf Deutsch gezeigt und anschließend in einer anderen Sprache wiederholt. Anfangs auf Italienisch, Spanisch, Portugiesisch oder Serbokroatisch. Was zunächst als Einladung zum Zuschauen an die Kinder der „Gastarbeiter“-Familien gedacht ist, kommt auch bei deutschen Kindern gut an und wird zum festen Bestandteil der Sendung. Weit über 100 Sprachen hat die Mausgemeinde auf diese Weise kennengelernt, darunter Ewe (Togo), Aramäisch, Gebärdensprache, Kölsch und Quechua, die Sprache der Inka.
„Es ist natürlich nicht verboten, hinterher ein bisschen schlauer zu sein. Aber man muss bei uns nichts lernen“, sagt Armin Maiwald, der die Sendung vor 40 Jahren mit aus der Taufe hob. Kinder hätten auch ein Recht auf Spaß und Unterhaltung: „Wir sind nicht die Schule. Wir arbeiten nach dramaturgischen Gesichtspunkten und nicht nach Lernzielkatalogen.“ Das war und ist das Selbstverständnis der Maus-Macher. Neben Armin, dem Maus-Mann der ersten Stunde, erklären Christoph Biemann und Ralph Caspers die Rätsel und Geheimnisse des Alltags und beantworten Fragen, auf die Eltern und Lehrer keine Antwort wissen. Der Bedarf ist groß: Etwa 1000 Briefe und E-Mails bekommt die Maus pro Woche.
Als Maiwalds erste Sachgeschichten über den Bildschirm flimmern, ist von der heutigen Begeisterung, ja Wertschätzung für die Sendung nichts zu spüren. Die kurzen und kommentarlosen Filme vom „Brötchen“, dem „Ei“ und der „Milch“ werden mit den absurdesten Vorwürfen bedacht: „Ihr übergießt die Wirklichkeit mit einer himbeerroten Soße aus Musik“ oder „Ihr zeigt nicht die ausgebeuteten Massen“ oder „Alles viel zu schnell“, lautet die Kritik. Es wird diskutiert in der Redaktion und im Westdeutschen Rundfunk, um letztlich doch fast alles beim Alten zu belassen: Es bleibt bei kurzen Filmen aus der Alltagswelt der Kinder und sparsamer Kommentierung. Die Bilder sollen sprechen. Schließlich ist man beim Fernsehen. „Das ist schon verrückt“, sagt Maiwald. „Die Leute, die uns heute so furchtbar loben, haben uns damals in Grund und Boden gewünscht.“
Die orangefarbene Maus mit dem aufrechten Gang, die von Anfang an in kurzen Spots ihren Schabernack treibt, wird schnell zum Publikumsliebling, so dass die „Lach- und Sachgeschichten“ 1972 zum Untertitel der „Sendung mit der Maus“ herabgestuft werden. 1975 bekommt die Maus einen Freund: den kleinen blauen Elefanten. 1987 gesellt sich die kleine gelbe Ente zu dem ungleichen Duo. Mehr als 3600 Lachgeschichten – Trickserien, Gedichte, Lieder, Videoclips – liegen im Maus-Archiv. Viele Trickfilmhelden starteten ihre (Deutschland-)Karriere bei der Maus, etwa der „Kleine Eisbär“, Janoschs Bär und Tiger, der Maulwurf, Käpt‘n Blaubär oder Shaun das Schaf.
Von Aalfang bis Zylinderhutherstellung reicht die Themenpalette bei den Sachgeschichten. Über 2500 Mal haben uns der Armin, der Christoph und der Ralph nun schon schlauer gemacht. Ohne sie wüssten wir nicht, dass eine Ameise unverletzt bleibt, wenn sie vom Hochhaus stürzt, dass Bakterien die Löcher in den Käse pupsen und dass 1 Milliarde 52 Millionen 814 880 Lebewesen in einer Hand voll Erde leben. Danke! Danke! Danke!
Und wehe es ruft einer vor zwölf an!
Eva Stern | Fotos: WDR