Krause = Krause

Feb 24th, 2013 | By | Category: Rede und Antwort

Schauspieler können wortreich erklären, wie es ist, in fremde Rollen zu schlüpfen und für den Zuschauer dennoch echt zu wirken.  Horst  Krause spielt nicht. Er ist einfach: Horst Krause. Ein Gespräch über Dorfpolizisten, neumodische Technik und zu kleine Sauna-Spinde.

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Herr  Krause, wie viel von Ihnen steckt in  Horst  Krause, dem Dorfpolizisten aus dem Polizeiruf 110?

Ich würde sagen, das geht Hand in Hand. Die beiden Krauses sind Zwillinge. Das hat sich im Laufe der Jahre weiter verselbstständigt. Aber was wichtig ist:  Krause hat sich nicht verbraucht. Die Figur ist in jedem Polizeiruf wieder neu.

Krause hätte auch Müller, Meier oder Schulze heißen können. Warum trägt er Ihren Namen?
Für den Autor und Regisseur Bernd Böhlich, der die Figur eingeführt hat, war das ganz klar. Der hat zu mir gesagt: Du sieht so aus wie  Krause. Warum sollen wir dem Polizisten einen anderen Namen geben?

Krause ist pflichtbewusst, ein bisschen eigenbrötlerisch, nicht der Mann für große Gesten. Erkennen Sie sich darin wieder?
Es wäre ja Quatsch, wenn ich sagen würde, wir sind uns nicht ähnlich.

Wird  Krause unterschätzt?
Manche Autoren überschätzen sich und meinen, als Dorfpolizist muss man auch der Dorftrottel sein. Krause ist nicht bedeppert. Er ist ein alter Fuchs. Zumindest sehe ich die Figur so, und ich gebe ihr mein Fleisch.

Stört es Sie, als „heimlicher” Star immer einer Chefin dienen zu müssen?
Überhaupt nicht. Das ist ja auch keine Nebenrolle, sondern eine Hauptrolle. Jedenfalls wird sie so bezahlt.

Krause funktioniert so gut, dass Sie mittlerweile den dritten Ableger drehen:  Krauses Braut. Die Vorgänger „ Krauses Fest” und „ Krauses Kur” waren echte Zuschauermagneten. Wie erklären Sie sich den Erfolg?
Das kann ich Ihnen sagen: Alle drei Hauptrollen (mit Carmen-Maja Antonie und Angelika Böttiger als Filmschwestern – die Redaktion) sind Figuren aus dem Volk. Die Leute erkennen sich in uns wieder.

Obwohl Sie als Geschwister-Trio reichlich schräg unterwegs sind …
Ja. Und das ist gut so, das ist unterhaltsam. Wir alle drei sind nicht die Schönsten. Das macht was aus. Im Fernsehen werden immer nur gutaussehende Menschen gezeigt. Nee! Warum denn? Ich finde das so viel interessanter. Das Herz muss gut aussehen.

Krause scheint ein wenig aus der Zeit gefallen. Wie modern sind Sie?
Ich bin eher konservativ. Nicht altmodisch, aber ich habe zum Beispiel mit Handy und Laptop nichts im Sinn. Diese ständige Klingelei. Ich finde das belastend. Ich habe zwar ein Handy, aber nur, damit ich den ADAC rufen kann, wenn ich mal liegenbleibe. Ich kann auch nichts anfangen mit diesem … wie heißt das doch gleich?

iPad?
Nee.

iPhone?
Nee. Kein Gerät. Dieses, na wie heißt das denn, wo man chatten kann?

Internet?
Internet! Genau. Wie kann man beim wunderbarsten Wetter drin hocken und chatten? Versteh’ ich nicht. Ich muss auch nicht übers Internet was kaufen oder jemanden kennenlernen. Was ich vermisse, sind so Veranstaltungen wie früher den Sonntagnachmittag-Tanzkaffee. Mit Kapelle und 20 Prozent Aufschlag auf die Getränke. Das fehlt alles. Es ist überall nur noch das Notdürftigste. Deswegen, also in dem Sinn, bin ich konservativ. Wenn ich zum Beispiel in die Sauna gehe, dann habe ich so einen schmalen Spind, wo ich gerade so alles reinbekomme, die Sachen aber gar nicht lüften können. Es ist alles nur auf Geldverdienen ausgerichtet.

Mit Krause haben Sie Ihre Lebensrolle gefunden. Gibt es noch eine Rolle, die Sie gerne einmal spielen würden?
Das ist wohl vorbei. Aber ich hätte gerne den Schwejk gespielt.

Warum?
Weil das mein Fach ist: Tragikomik. Dann hätte ich gern mit Gwisdek (dem Schauspieler Michael Gwisdek – die Redaktion) einen Film gemacht: Don Quichotte. Er als Don Quichotte, wie er gegen die Windmühlen kämpft. Ich als Sancho Panza auf’m Esel. Vielleicht klappt es ja mal, dass ich im Theater Nathan, der Weise spielen kann. Ich möchte auch gern mal weise sein. Dann vielleicht … Nee, ich höre lieber auf. Sonst ruft noch jemand an und will mich besetzen.

Wie wichtig sind Ruhm und Erfolg für einen Schauspieler?
Ruhm interessiert mich nicht. Erfolg ist für mich, wenn ein Film vom Publikum freundlich aufgenommen wird und wir merken, dass wir nicht nur unterhalten, sondern den Leuten auch was zum Nachdenken mit auf den Weg gegeben haben.

Sie sehen sich selbst als Volksschauspieler. Gibt es Unterschiede zwischen Ost und West?
Ich habe die nie bemerkt. Als die Wende kam, habe ich auf einmal einen neuen Staatsratsvorsitzenden bekommen. Der hieß Kohl. (Pause). So ist es. Heute haben wir eine Kanzlerin, die im Osten aufgewachsen ist. Und die Figur Krause ist sowieso eine Volksfigur. Die funktioniert überall. Im Osten und im Westen.

Beruflich hat Sie die Wende vorangebracht – oder?
Die Wende hat für mich das Entscheidende gebracht. Da hat aber auch der Zufall geholfen.

Sie sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen?
Genau. Wollen Sie wissen, wo?

Unbedingt!
Ich saß mit einer Pulle Bier hinter lauter Bierkästen, als ich für „Wir können auch anders” entdeckt wurde. Da fand ein Casting für einen Film statt, für das ich aber gar keine Einladung hatte. Ich wartete nur auf meine Theater-Kollegen. Und da bin ich angesprochen worden, ob ich Lust hätte, eine Hauptrolle im Film eines vielversprechenden jungen Regisseurs zu spielen. So kam das. Mit Detlev Buck habe ich mich auf Anhieb verstanden. Wenn „Wir können auch anders” nicht gewesen wäre, dann weiß ich auch nicht … Jedenfalls habe ich dann 1994 beim Theater aufhören müssen, weil ich so viele Angebote hatte.

In „Schultze gets the Blues” haben Sie ohne viel Worte beeindruckt.
Ich bin ja auch mehr Schauspieler. Ich brauch’ nicht viel Text. Spielen muss man können. Gunther Gabriel wollte mit mir zusammen Musik machen, weil er mich als Schultze gesehen hatte und meinte, ich spiele so wunderbar Akkordeon. Ich musste ihm dann beibringen, dass das Spielen nur gespielt war.

Wird zu viel gequatscht im deutschen Film?
Na, also ich sage oft, wenn ich ein Drehbuch gelesen habe: Kinder, macht daraus ein Hörspiel!

Beenden Sie doch bitte mal den Satz: Ein guter Schauspieler muss…
… überhaupt gar nichts. Ein guter Schauspieler bleibt, wer er ist.

Interview: Eva Stern (Foto: ARD)

Horst Krause (Interview in der RHEINPFALZ am SONNTAG, Landau, 14.08.2011)

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© Eva Stern