Weißbuch Text
oder: Dann klappt’s auch mit dem Leser
„Ein Weißbuch ist eine Sammlung mit Vorschlägen zum Vorgehen in einem bestimmten Bereich“, weiß Wikipedia. Das Weißbuch Text fasst in Interviewform Vorschläge und meine Vorgehensweise auf dem Weg zu einem guten Auftragstext zusammen. Professionell distanziert sieze ich mich in dieser Selbstbefragung.
Was ist ein guter Text?
Einer, der gelesen wird.
Wann wird ein Text gelesen?
Wenn er eine Botschaft hat und dem Leser einen Mehrwert bietet – also infomiert, kritisiert, unterhält, anleitet, anregt, aufregt. Gerne auch alles auf einmal.
Das ist banal.
Sie sagen es. Aber es gibt Texte, die erfüllen nicht mal eines der Kriterien. Der Leser hat schlicht nichts davon – außer Altpapier für die blaue Tonne.
Was läuf da schief?
Das fängt beim Briefing an. Wenn der Kunde bereits weiß, was er will, seine Kernbotschaft formulieren kann, ein stimmiges Kommunikationskonzept in der Tasche hat, ist das natürlich ein Glücksfall. Und der Texter kann einfach loslegen. Könnte man meinen.
Wie jetzt. Darf’s noch ein bisschen mehr sein?
Es darf immer ein bisschen mehr sein. Das eigentliche Schreiben ist nur ein Teil der Arbeit, setzt ein gewisses Talent voraus und entsprechende handwerkliche Fähigkeiten. Nicht weniger wichtig ist die Recherche. Selbst ein perfektes Briefing entbindet den Texter nicht von seiner Verantwortung nachzuhaken, in Frage zu stellen. Der Texter ist bereits der erste Kunde einer Dienstleistung, der erste Konsument eines neuen Produkts.
Der Texter als Tester?
Naja, ich muss nicht alles selbst probieren. Aber ich muss einen persönlichen Bezug zum Produkt oder zur Dienstleistung und – wenn bereits vorhanden: zur Marketingstrategie – aufbauen können. Es muss etwas auslösen in mir. Der Funke muss überspringen. Wenn der nicht da ist, kann sich daran auch keine Idee entzünden. Dann muss ich mich fragen: Warum kann mich eine Sache, ein Konzept, eine Strategie so gar nicht überzeugen?
Vielleicht, weil Sie nicht zur Zielgruppe gehören?
Muss ein Arzt selbst Krebs haben, um Mitgefühl für seine Krebspatienten zu entwickeln? Muss ein Schauspieler gemordet haben, um einen Mörder zu spielen? Dürfen nur Frauen Frauenmode entwerfen? Muss ich ein Mann sein, um den 15-Klingen-Rasierapparat doof zu finden?
Das geht doch an der Lebenswirklichkeit völlig vorbei. Kauf- oder Konsumentscheidungen sind niemals autonome Entscheidungen. Der Partner, die Kinder, die Eltern, die Freunde kaufen und konsumieren mit. Das bin ich in Personlaunion.
Reicht das aus?
Das ist ein guter Anfang. Dazu gesellen sich Neugier, Einfühlungsvermögen, Begeisterungs- und Kritikfähigkeit. Kurz: eine gute Mischung aus Hirn, Herz und Klappe.
Dann klappt’s auch mit dem Leser?
Sollte es. Vorausgesetzt, man kann schreiben.
Können Sie?
Seit meinem sechsten Lebensjahr. Immer besser.